St. Nicolai
St. Nicolai in Neindorf
Die Neindorfer Kirche, deren Patron bis heute der jeweilige Rittergutsbesitzer ist, wurde 1240 als Kirche des Ludolfus plebanus erstmalig erwähnt. Bei der ersten Visitation als evangelische Kirche im Jahre 1492 heißt sie Kirche Nikolaus. Der bekannteste Träger dieses Namens war Bischof von Myra und Schutzheiliger der Schifffahrt, der Alten, Apotheker, Kaufleute, Ministranten, Pilger, Rechtsanwälte, Reisenden und Schüler. Da bereits im Mittelalter eine uralte Handelsstraße von Wolfenbüttel nach Halberstadt wenige hundert Meter östlich des Dorfes verlief, ist es denkbar, dass Reisende und Kaufleute das kleine Kirchlein für ein Gebet und Bitte um Beistand nutzten. Eine kleine Nische außen im Ostgiebel lässt vermuten, dass darin bis zur Reformation eine Heiligenfigur stand. Vom ursprünglich romanischen Stil künden noch die dicken Mauern, der seitlich eingezogene Chorraum, sowie der nach Westen gerichtete Turm mit kleinen Schallöffnungen, unter dem sich eine vermauerte Begräbnisgruft der Patronatsfamilie von Löhneysen befindet. Die Zeltdachspitze fällt in die Zeit des Umbaues der Jahre 1827 bis 1833.
Die jetzige Wetterfahne, ein springendes Pferd, ist bereits die dritte, die Vorgängerin wird demnächst im Kircheninneren platziert. Bis 1881 wurde das Gelände rund um den Kirchenbau als Friedhof genutzt, heute umrahmt eine Rasenfläche das Ehrenmal für die Opfer beider Weltkriege. Ebenfalls romanischen Ursprungs wird der 1727 aus der Kirche entfernte Taufstein eingeordnet, er steht, wie das Kirchengebäude selbst, unter Denkmalschutz. Stattdessen wurde im Corpus Bonorum (Auflistung aller guten Dinge in Kirchenbesitz) des Jahres 1749 ein Taufengel erwähnt, gegen diese wurde allerdings 1846 ein herzogliches Verbot ausgesprochen. Im Jahre 1900 stiftete Bergwerksdirektor Schröder den heutigen aus Eiche geschnitzten Taufständer. In Verbindung mit dem Taufzeremoniell steht die sog. Piscina, eine nach Süden gerichtete unscheinbare kleine Schale im Mauerwerk (4. Bild von oben) mit einem Abfluß nach draußen. (Piscina = Taufbrunnen im altchristlichen Baptisterium) Der Kirchenbau wurde im 30jährigen Krieg 1627 gebrandschatzt, niedergebrannt und bis 1654 wieder hergerichtet. Zwischen 1827 und 1833 fand ein radikaler Umbau der Kirche statt mit Anhebung des Chordachs, Vergrößerung und Begradigung von Fenster und Türen, Beseitigung des Rundbogens zwischen Chorraum und Kirchenschiff und des östlichen Walmdaches. Auch der heutige Altar mit der verzierten Kanzelpriche, sowie die Orgelempore stammen aus dieser Zeit, wozu ursprünglich noch abgeteilte, und für das Patronat überdachte Plätze seitlich im Chorraum gehörten.
Die nächsten größeren Arbeiten standen nach dem Luftangriff im Januar 1944 an. Dach, Tür, Fenster und Chorraumdecke wurden bis 1955 ersetzt. Als Spätfolge durch Witterungseinflüsse wurde die schöne Orgel irreparabel. Die einzige Glocke musste 1942 als Metallspende abgegeben werden. Die heutige Glocke war ursprünglich Mittagsglocke des Ritterguts Hedwigsburg, sie wurde der Kirche zunächst leihweise, im Jahre 1962 im Tausch gegen eine Glocke (3. Bild von oben) vom „Glockenfriedhof“ in Hamburg überlassen. Die letzten Renovierungen fanden 1996/7 für die Fundamentisolierung und das Kircheninnere und 2004 für den Turm statt. Dabei wurden 1996 unter dem Terrazzo des Mittelgangs zwei Ephitaphe ohne Grabstellen entdeckt. Sie wurden für das Pastorenehepaar Wiedemann gefertigt, das sehr jung verstorben ist. Die Platten wurden restauriert außen an der Ostwand angebracht. Der zu kleine Ort war meist der Grund, dass die Gemeinde meist keinen eigenen Pastor hatte. Wechselweise war sie oft eine „filia“ von Kissenbrück oder Ohrum, auch Pastoren aus Börßum und Remlingen taten hier Dienst. Im Jahre 1883 kam ein Abkommen zustande, die Kirchengemeinden Kissenbrück und Neindorf „dauernd“ zu vereinigen. Dieser Pfarrverband wurde 1984 um die Kirchengemeinden Groß- und Klein Biewende erweitert, ab 1. Januar 2010 bilden die Gemeinden von Linden und Neindorf nun einen solchen.
Weitere Angaben rund um die Kirche sind in einer umfangreichen Sammlung enthalten, die von mir als CD erworben werden kann.
Willi Janßen (Ortsheimatpfleger)